5-Kanal-Videoinstallation (á 5:57)
Serbisch mit serbisch-kyrillischem Text und englischen Untertiteln
2009
In dieser 5-Kanal-Videoinstallation erzählen 5 fiktionalisierten Personen (Milenka, Bogdan, Nina, Zolt, Zoran) ihre Geschichten, die Textauschnitten aus ihnen und Footage aus Sergei Einsensteins Stummfilm “Strike“ gegenübergestellt werden. In 1925 stellte Eisenstein ein komplexes Reenactment der Entwicklungen eines Streiks in einer Fabrik im vorrevolutionären Russland (1921) dar. Die Arbeiter_innen wurde von der Theatergruppe Proletkult Theatre gespielt. Mein Interesse an diesem Film liegt in jenen Szenen, die Kollektivismus zeigen und somit in Opposition zum Individualismus der einzelnen Geschichten in meiner Installation stehen.
Die Installation basiert auf einer Recherche, die ich während 2 Artist-in-Residenceaufenthalten in Belgrad (Serbien) realisierte. Im Winter 2008 begann ich mich mit dem Kampf der Arbeiter_innen der pharmazeutischen Fabrik Jugoremedija in Zrenjanin zu beschäftigte. Von 2004 bis 2006 kämpften sie um ihre Fabrik und gegen die Privatisierung ihres Arbeitsplatzes. Sie lebten teilweise in der Fabrik, besetzten für 4 Monate das Rathaus von Zrenjanin, protestierten 3 Tage und Nächte vor der Agentur für Privatisierung in Belgrad, wurden von der Polizei und den privaten Sicherheitsbeamten geschlagen, verletzt und eingesperrt. In diese 2 Jahre erhielten die Arbeiter_innen kein Gehalt und viele wurden von ihren Familien in Stich gelassen. 2006 wurde Jugoremedija die erste Fabrik innerhalb jener Länder in Osteuropa, die sich in “Transition“ befanden und neoliberale Privatisierungen durchmachten, die von ihren Arbeiter_innen zurückerkämpft und kontrolliert wurde.
Im Sommer 2009 kam ich wieder nach Belgrad, um mich weiter mit dem Thema auseinanderzusetzen und erfuhr, dass allein in August 40 kleinere und grössere Proteste pro Tag stattfanden. Basierend auf dieser Recherche und den Interviews mit den Arbeiter_innen (hauptsächlich von der Fabrik Jugoremedija) entwickelte ich “Tales of protest. A necessity.“. Die Gespräche mit den Arbeiter_innen als auch das vor Ort erleben der Proteste (vor der Privatisierungsbehörde und des Parlaments in Belgrad) haben mich veranlasst meine Position als Künstlerin und meine Rolle im Ausarbeiten und Repräsentieren des Arbeiter_innenkampfes zu hinterfragen: Für was kämpfe ich? Lass ich alles mit mir machen?
Jugoremedija stellte bis sie 2013, als sie Bankrott erklärt wurde und geschlossen werden musste, pharmazeutische Produkte her.
Konzept, Tonaufnahmen und Schnitt: Nina Höchtl
Sprecher_innen: Gordana Tasic (Milenka), Nenad Gvozdenovic (Bogdan), Iva Markovic (Nina), Slavoljub Novakovic (Zolt), Ivan Nikolic (Zoran)
Footage: Stachka (1924) by Sergei M. Eisenstein
Übersetzung ins Serbische: Tamara Naunovic
Proof editing of English: Nenad Jovanovic
Die Installation wurde im CZKD in Belgrad im September 2009 ausgestellt (kuratiert von Galerija Kontekst/Belgrad) und war Teil der Ausstellungen “Unexpected Encounters” kuratiert von Kontekst collective, Camera Austria, Graz (A) (2013); „RE: EX-POST, Critical Knowledge and the Post-Yugoslavian Condition“ (2010) kuratiert von Luisa Ziaja, OPEN SPACE, Wien (A); „entsprechend PREKÄR“ (2010), Galerie 5020, Salzburg (A); „Barriere(-frei“) (2010) kuratiert von Sabine Winkler, Ratskeller Lichtenberg, Berlin (D); „Pièces de résistance“, kuratiert von Andrea Domesle, Frank Eckhardt und Michal Kolecek, Motorenhalle Dresden (2011) und „Raumschiff Jugoslawien“, kuratiert von A.Surkic, A. Kulasic, A. Mujkanovic, D. Markovic, J. Komnenic, K. Sudec, N. Hennig, NGBK, Berlin (2011).